Mobilfunk / Ratgeber für Kommunen

Standortplanung / Rahmenbedingungen des Netzausbaus

-> Informationspflicht der Netzbetreiber
Ein wichtiger Eckpfeiler aller Abstimmungen beim Ausbau der Mobilfunknetze ist die Informationspflicht durch die Netzbetreiber. Die Netzbetreiber haben sich gegenüber der Bundesregierung (Selbstverpflichtung vom Dezember 2001) und gegenüber den Kommunen (Verbändevereinbarung vom Juli 2001) zu Folgendem verpflichtet:

-> Ausbau und Planung
Die Kommunen werden über den aktuellen Stand des Ausbaus sowie über die Planung neuer Anlagen und Angabe des Suchkreises für den geplanten Standort bei konkreten Bauvorhaben von den Netzbetreibern (in der Regel über einen beauftragten Akquisiteur) informiert werden. Es ist individuell mit dem Netzbetreiber abzustimmen wann und in welcher Form die Information erfolgen soll.
-> Standortauswahl
Die Kommunen müssen in die Standortauswahl unter Berücksichtigung einer Acht-Wochen-Frist zur Stellungnahme und zur Erörterung der Baumaßnahme im Rahmen eines ergebnisoffenen Gesprächs einbezogen werden.
-> Bürgerinformation
Bürgerinnen und Bürger werden in Abstimmung mit der Kommune über Standorte und Standortverfahren unterrichtet werden.
-> Konsenslösung
Eine Konsenslösung unter Berücksichtigung der konkreten örtlichen Belange für geplante Standorte wird dabei angestrebt.
-> Sendebeginn
Die Kommune wird über den Zeitpunkt der Inbetriebnahme einer Sendeanlage unterrichtet.
-> Genehmigungsfreie Mobilfunkanlagen
Die Netzbetreiber haben sich verpflichtet, auch über (baurechtlich) genehmigungsfreie Mobilfunkanlagen zu informieren. In der Regel gilt, dass Mobilfunkanlagen bis zu einer Höhe von 10 Metern (einschließlich Masten) und einer dazugehörigen Versorgungseinheit von bis zu 10 Kubikmetern genehmigungsfrei sind.
( -> [Länderspezifische Zusatzregelungen])

->
Mitgestaltung durch die Kommune
Die Kommune kann die Standortplanung aktiv mitgestalten.
Dabei sind folgende Punkte relevant:


Abbildung 1: Standortplanung

-> Zusammenstellung von Informationen für jeden zu planenden Standort innerhalb der Verwaltung
-> Festlegung von Regeln und Zuständigkeiten für den Standort-Dialog (beteiligte Ämter und Politik). Der kommunale Beauftragte sollte über alle Vorgänge und Anfragen informiert sein. Auch sollten alle Bewertungen und Handlungsoptionen vorab mit den Beteiligten (Netzbetreiber, Ämter) abgestimmt werden. Vor allem müssen Politik und die Vielzahl der eingebundenen Behörden eine „Sprache“ sprechen.

Hierbei sind ein einheitlicher Wissensstand und eindeutige Kommunikationsregelungen gegenüber Bürgern und Mobilfunkbetreibern von Vorteil. So werden die Bürger von allen Ämtern einheitlich informiert, und es entstehen keine Missverständnisse, weil das Umweltamt unter Umständen andere Informationen herausgibt als das Amt für Denkmalschutz.
-> Formulierung von Kriterien für die Standortfindung bezüglich gesundheitlicher Bedenken und deren Abstimmung mit den Betreibern und gegebenenfalls Bürgerinitiativen
-> Weitergabe von Fachinformationen an den Gemeinde- bzw. Stadtrat und an die Öffentlichkeit



Insbesondere sollten Sie sich bezüglich der Rahmenbedingungen der Standortplanung mit den Aspekten „Gesundheitliche Belange“, „Einflussmöglichkeiten auf Standortwahl“ und „Bürgerproteste bzw. Konfliktprävention“ vertraut machen:

I. Gesundheitliche Belange
Die Gesundheit des Menschen wird durch die in Deutschland geltenden Grenzwerte geschützt. Darüber hinaus können Minimierungsziele und verschiedene Maßnahmen, um auf die Besorgnis der Bürger einzugehen, verfolgt werden. Für den Bereich der Mobilfunksendeanlagen kann das z.B. die Definition „Umgang mit sensiblen Einrichtungen” und die Festlegung der entsprechenden Vorgehensweisen sein. Unter sensiblen Einrichtungen werden im Allgemeinen Kindergärten, Kindertagesstätten, Schulen – vor allem Grundschulen - und Krankenhäuser sowie Kinder- und Altenheime verstanden.

Im Folgenden finden Sie eine Sammlung von Beispielen erfolgreicher Vorgehensweisen. Bitte beachten Sie hierbei, dass es keine allgemeingültige Ideallösung gibt, sondern Bedingungen und Umstände von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich sind:

-> Mit den Betroffenen und / oder mit den Eltern (bei Kindern) werden ortsangepasste Lösungen über Veranstaltungen oder in direkten Gesprächsrunden gefunden.
-> Die Gebäude von Kindertagesstätten und Grundschulen werden für den Ausbau von Sendeanlagen ausgeschlossen und bestehende Verträge mit den Netzbetreibern nicht verlängert. Im Nahbereich (Radius mindestens bis 100 Meter - ggf. abhängig von der Höhe der Sendeanlage, aber höchstens 200 Meter) von Kindertagesstätten und Grundschulen muss vor der Zustimmung zum Ausbau einer neuen Sendeanlage eine Immissionsprognose von den Netzbetreibern vorgelegt werden.
-> Bei sensiblen Einrichtungen ist der 20-fache Sicherheitsabstand nach der 26. BImSchV innerhalb des Hauptstrahls und mindestens der 2-fache Sicherheitsabstand außerhalb des Hauptstrahls der Sendeanlage einzuhalten.
-> Sensible Einrichtungen werden nicht festgelegt und keine Standorte von der Bebauung ausgeschlossen. Stattdessen werden den Netzbetreibern bevorzugt öffentliche Liegenschaften angeboten, an denen in der Umgebung der Anlage im Freien eine Leistungsflussdichte von beispielsweise 100 mW / m2 und innerhalb der Gebäude eine Leistungsflussdichte von beispielsweise 10 mW / m2 deutlich unterschritten werden. Dies geschieht mit dem Ziel, eine größtmögliche Unterschreitung der Vorsorgewerte zu erreichen. Diese Leistungen werden in einem Pachtvertrag fixiert.

II. Einflussmöglichkeiten auf die Standortwahl
-> Erst planen, dann Einfluss nehmen
Bevor Sie als Kommune Ihre Möglichkeiten, die Standortplanung zu beeinflussen, wahrnehmen, sollten Sie sich über die Zielsetzung Ihrer Einflussnahme bewusst sein. Zur Entwicklung Ihres eigenen Standpunktes und zur Planung Ihrer Vorgehensweise ist es hilfreich, sich die Motivationen und Positionen der Netzbetreiber sowie die der Bürger vor Augen zu führen:

-> Motivationen der Netzbetreiber
1. Die funktechnische Eignung ist die wichtigste Voraussetzung, um den Kunden qualitativ hochwertige Telefonanbindungen gewährleisten zu können. Das bedeutet, dass ein Standort so gewählt sein muss, dass er das Versorgungsgebiet optimal „ausleuchten“ kann.

2. Die Netzbetreiber sind bemüht, ihre Kosten für den Ausbau möglichst gering zu halten. Dabei spielen drei Kostenfaktoren eine besondere Rolle:
a. Die Höhe der Mieten, die beispielsweise durch die Nutzung eines privaten Hausdaches (für einen Sendeanlagenstandort) entstehen, sind Verhandlungssache mit den Hauseigentümern.

b. Bezüglich des Baus einer Anlage gilt die Faustregel: Die Installation einer Antenne auf einem Hausdach ist immer kostengünstiger als der Bau eines Sendemastes.

c. Bei Inbetriebnahme einer Sendeanlage muss zwischen dem Mobilfunknetz und dem Festnetz eine Verbindung hergestellt werden, um die mobilen Gespräche entsprechend in das Telefonnetz einzuspeisen. Hierfür gibt es drei Möglichkeiten:

1. Der Bau einer Zuleitung ins Festnetz und für Elektrizität, wenn am geplanten Standort keine Telefonleitung verfügbar ist (sehr kostenintensiv, beispielsweise bei einem Mastbau auf freiem Feld)

2. Die Leitungen sind vor Ort (Regelfall im innerstädtischen Bereich) bereits vorhanden (vergleichsweise geringe Kosten)

3. Der Bau einer Richtfunkanlage, wenn am geplanten Standort keine Telefonleitung verfügbar ist, um so die Gespräche über ein Funkverbindung in das Festnetz einzuspeisen (sehr kostenintensiv). Auch hier muss Elektrizität am Standort verfügbar sein.


-> Motivationen der Bürger
1. Menschen, die viel mit dem Handy telefonieren, reduzieren die Strahlenbelastung am Kopf, wenn Sie beim Telefonieren guten Empfang auf Ihrem Handy haben (alle „Empfangsbalken“ werden angezeigt). Je weniger "Balken" angezeigt werden, desto stärker sendet das Handy am Kopf. Guter Empfang ist vor allem dann vorhanden, wenn sich die Sendeanlage in der Nähe befindet und der Empfang des Telefonierenden nicht durch den eigenen Standort beeinträchtigt wird (z.B. Keller).

2. Der Sendemast ist leistungsreguliert. Das bedeutet: Je weniger telefoniert wird, desto weniger „arbeitet“ der Sendemast. Wenn niemand telefoniert (beispielsweise nachts), reduziert sich das Sendesignal auf das sogenannte „Basissignal“.

3. Die Mobilfunksendeanlage sollte an Stellen errichtet sein, in deren Umgebung viel telefoniert wird. Dies führt dazu, dass in Stadtzentren oder an Durchgangsstraßen relativ viele Sendeeinrichtungen vonnöten sind. Die sogenannten „Handyflatrates“ führen zu einer immer stärkeren Auslastung der Netze und somit zu einem Bedarf an Nachrüstung von Sendeanlagen.

4. Auch wird von wenigen Bürgern das Versorgungsgebiet der einzelnen Masten überschätzt; diese Bürger wissen nicht, dass der Mast insbesondere den Nahbereich versorgt und die Nachbarorte bereits von weiteren Mobilfunksendeanlagen versorgt werden. Häufig reagieren Bürger also verwundert, wenn sie erfahren, dass es in Deutschland 70 000 Standorte für Mobilfunksendeanlagen gibt, an denen jeweils bis zu 6 Mobilfunksendeanlagen installiert sind. Die Gesamtzahl an Mobilfunksendeanlagen liegt in Deutschland deutlich über 120 000.

-> Standortmitbestimmung durch Beziehungsmanagement und Koordination der Netzbetreiber
Ihre (kommunale) zentrale Möglichkeit zur Einflussnahme besteht in einem guten zwischenmenschlichen Beziehungsmanagement zu den Netzbetreibern. Kein Netzbetreiber verfolgt das Interesse, gegen den Willen einer Kommune das Mobilfunknetz auszubauen. Versuchen Sie, mit den vier Netzbetreibern in stetigem Austausch zu stehen. So erfahren Sie frühzeitig von Planungsvorhaben und können steuernd und informierend eingreifen. Durch die Kenntnis der Ausbaupläne aller vier Netzbetreiber können Sie vor allem auf die Funknetzplanung einwirken: Koordinieren von Bauvorhaben in Form von Bündeln oder Entzerren. Zudem können Sie, sofern Sie darüber informiert sind, dass verschiedene Netzbetreiber in der gleichen Region Standorte suchen, die entsprechenden Netzbetreiber zusammenbringen. Auch kann die Kommune auf Grund der jeweiligen Jahresplanung der Netzbetreiber eine Karte mit allen Standorten erstellen und sie mit Sharing-Kreisen für die Bündelung von Sendeanlagen versehen. Diese Karte ist Grundlage für ein anschließendes gemeinsames Gespräch mit allen Netzbetreibern, um zu einem abgestimmten Vorgehen zu kommen.

-> Bündeln von Standorten
Durch die Kenntnis aller Bauvorhaben der Netzbetreiber können Sie die Bündelung von Standorten forcieren. Die Bündelung kann besonders dann sinnvoll sein, wenn die Betreiber dadurch gemeinsam den gleichen Sendemast nutzen, um das Landschaftsbild zu schonen. Ein Nachteil der Bündelung ist, dass die Strahlenbelastung „konzentriert“ und somit eventuell in den Augen der Bürger „ungerecht“ verteilt ist. Grundsätzlich kann die Anzahl der geplanten Sendemasten durch Bündeln erheblich verringert werden, da an den Masten (oder auf den Dächern) jeweils mehrere Sendeeinheiten installiert sind.


-> Streuung von Standorten
In reinen Wohngebieten verzichten manche Kommunen auf die Bündelung und bevorzugen eine große Streuung von Sendeanlagen. So kann die Strahlungsintensität der einzelnen Standorte gering gehalten werden.

-> Kommunale Liegenschaften
Sie können auf die Standortmitbestimmung einwirken, indem Sie die Netzbetreiber bitten, bevorzugt kommunale Liegenschaften zu nutzen.

III. Bürgerproteste (siehe auch Bürgerbeteiligung und Konfliktschlichtung)
Bürgerproteste veranlassen die Kommune häufig, Standorte öffentlich zu diskutieren, um mit Bürgerinitiativen und Netzbetreibern zu einer einvernehmlichen Lösung zu kommen. Sind die Bürgerproteste einmal vorhanden, sollten die weiteren Verfahrensschritte sorgfältig geplant und gegebenenfalls nochmals überdacht werden. Wichtige Punkte hierbei sind:

-> Festlegung von Regeln und Zuständigkeiten mit den beteiligten Ämtern
-> Interne Abstimmung: Beschluss von Kriterien für die Standortfindung (evtl. mit den Betreibern und Bürgerinitiativen) und ein geregeltes Vorgehen bei akuten Konflikten
-> „Bewusstmachung“ bzw. Trennung von Grundsatz- und Standortdiskussionen
-> Die Kommune sollte durch die Netzbetreiber über relevante Punkte, gemäß der Verbändevereinbarung, informiert werden (Beispielsweise, wenn die Suche nach neuen Standorten ansteht). In jedem Fall sollten sich die jeweiligen Ansprechpartner in den Kommunen vorstellen.
-> Qualifizierte Information der Öffentlichkeit (evtl. durch öffentliche Veranstaltungen)
-> Einrichtung eines offenen Forums (oder Runden Tisches) für Netzbetreiber und Bürgerinitiativen mit klaren Spielregeln der Kommunikation
-> Die in Deutschland geltenden Grenzwerte sind mehrfach geprüft und abgesichert (ICNIRP, WHO). Gegebenenfalls kann aber die Entwicklung einer Minimierungsstrategie für die elektrische Feldstärke bzw. Leistungsflussdichte für die besorgten Teile in der Bevölkerung helfen.
-> Gewährleistung von Transparenz vor allem bei Abstimmungs- und Entscheidungsvorgängen
-> Sicherung und Dokumentation von (Zwischen-)Ergebnissen