Mobilfunk / Ratgeber für Kommunen

Mobilfunk und Gesundheit / Wissenschaftliche Risikobewertung

ventuelle Wirkungen elektromagnetischer Felder des Mobilfunks auf die Gesundheit sind seit Beginn der 1990er Jahre Gegenstand der Forschung. Bis Ende 2006 gab es zur Problematik der elektromagnetischen Umweltverträglichkeit bereits mehrere tausend Publikationen. Jedes Jahr kommen etwa 500 neue Veröffentlichungen hinzu.

Der häufig geforderte Nachweis, dass elektromagnetische Felder, wie sie im Alltag vorkommen, grundsätzlich keine gesundheitsschädliche Wirkung haben dürfen, ist zunächst aus methodischen Gründen nicht zu erbringen. Das liegt zum einen daran, dass der Anteil der in Frage kommenden Krankheiten, auch ohne dass man den elektromagnetischen Feldern ausgesetzt ist, örtlich und zeitlich stark streut. Zum anderen liegt es daran, dass sich eine gesundheitsschädliche Wirkung nicht logisch beweisen lässt.

Streuung bedeutet, dass ein Effekt der Strahlung nur statistisch nachgewiesen werden kann, wenn dieser deutlich über den natürlichen Schwankungen der jeweiligen Krankheiten hinausreicht. In der Sprache der Statistik bedeutet das eine signifikante Erhöhung gegenüber dem Hintergrundrauschen. Auch bei toxikologischen Untersuchungen treten ähnliche Probleme auf, wenn man etwa Tiere höheren Dosen aussetzt (bei denen statistisch signifikante Erhöhungen gemessen werden können) und diese Ergebnisse dann auf niedrige Dosen herunterrechnet (extrapoliert). In beiden Fällen treten Unsicherheiten auf, die eine eindeutige Antwort nicht zulassen. Besonders umstritten in der Wissenschaft sind sog. kasuistische Beweisführungen, bei denen einzelne Individuen angeben, dass sie aufgrund der Exposition durch elektromagnetische Felder an bestimmten gesundheitlichen Belastungen leiden würden. Dabei geht es nicht darum, anzuzweifeln, dass diese Menschen nicht wirklich unter den Symptomen leiden und auch die jeweiligen Krankheiten haben. Fraglich ist aber, ob diese durch die elektromagnetischen Felder ausgelöst worden sind oder auf anderen Ursachen beruhen. Die zeitliche Übereinstimmung zwischen Exposition und Leiden ist wissenschaftlich kein Beweis für einen kausalen Zusammenhang, bestenfalls ein Hinweis, diesen Zusammenhang näher zu untersuchen.

Die größte Anzahl der bislang verfassten anerkannten Studien, die nicht auf Kasuistik sondern auf systematischen Untersuchungen beruhen, konnte bislang keinen negativen Effekt auf die Gesundheit nachweisen. Einige Studien sprechen von „Hinweisen“ auf „mögliche Gefährdung“. Diese Risiken spielen sich aber unterhalb der statistischen Signifikanzschwelle ab und sind demnach sehr unwahrscheinlich. Trotz der Vielzahl und Eindeutigkeit der systematischen Studien kann aber aus prinzipiellen Gründen nicht ausgeschlossen werden, dass es in Einzelfällen zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen kommen kann. Dieser Grundsatz gilt allerdings für alle potenziell in großen Dosen gefährlichen Strahlenarten oder Stoffe.

-> Grundsätzlich kann man sagen, dass die „Möglichen Hinweise auf Gesundheitsschädigung“ sich vor allem auf Vieltelefonierer beziehen und nicht auf Anwohner von Sendeeinheiten.

Studien, die immer wieder im Internet zitiert werden und die von einer „erwiesenen Gefährdung“ sprechen, sind wissenschaftlich nicht anerkannt, da bei der Wiederholung solcher Versuchsreihen keine negativen Ergebnisse bestätigt werden konnten oder schwerwiegende statistische Fehler begangen wurden. Zentrales Merkmal von wissenschaftlichen Arbeiten ist, dass die Versuchsanordnung wiederholbar ist. Alle Studien, die nach ihrer Wiederholung andere Ergebnisse aufweisen, werden als unzuverlässig betrachtet. Mit anderen Worten: Man muss davon ausgehen, dass beim Versuch Fehler unterlaufen sind.

-> Keine Reduktion der Strahlenbelastung durch Bürgerbeteiligung
Es zeigt sich, dass Bürger, die ein Mitgestaltungsrecht an ihrer Umgebung wahrnehmen, im Resultat nicht unbedingt dazu beitragen, dass die Strahlenbelastung für alle minimiert wird. Der optimale Standort aus Bürgersicht ist nicht immer der Standort, der eine Strahlenreduktion mit sich bringt. Unabhängig von der objektiven Risikobewertung kann die subjektive Risikobewertung der Anwohner also große Bedeutung für die Wahl des Standorts haben.

-> Unterschiedliche Bewertung von Handy und Sendemasten
Handys regeln ihre Sendeleistung bei guter Verbindungsqualität herunter. Die Leistung, mit der D-Netz Handys maximal senden dürfen, beträgt 2 Watt. Man könnte nun argumentieren, dass ein Handy nur 1/8 der Zeit tatsächlich sendet, also nur mit durchschnittlich 0,25 Watt. Diese Betrachtung ist allerdings sehr umstritten. Die maximale Sendeleistung von Handys für das E-Netz beträgt dagegen nur 1 Watt, die schnurlosen DECT-Festnetztelefone senden mit 0,01-0,25 Watt.

Eine Übersicht über die Sendeleistung der verschiedenen Systeme finden Sie in einer Broschüre des Bundesamtes für Strahlenschutz.

Viel eher von Bedeutung ist dagegen die automatische Regelung der Sendeleistung der Handys. Wenn die Verbindung zur Basisstation sehr gut ist, dann regelt das Handy seine Sendeleistung herunter. So können aus den 2 Watt im Betrieb durchaus 0,05 Watt werden, solange die Verbindung gut ist. Je näher also der nächste Sendemast steht, desto geringer die Handystrahlung am Kopf. Auch in Innenräumen und im Auto sendet das Handy meist mit maximaler Energie. Als groben Anhaltspunkt über die zu erwartende Belastung können Sie die Empfangsanzeige ihres Handys verwenden. Zeigt diese nur dürftigen Empfang an, ist mit hoher Sendeleistung zu rechnen. Das Handy muss hoch regeln um die Basisstation zu erreichen.

Sendemasten: Bei einem normalen Standort für D- oder E-Netze werden die derzeit gültigen Grenzwerte bereits in einer Entfernung von rund 3-4 Metern unterschritten. Die Antennen strahlen dabei fast ausschließlich in horizontaler Richtung. Nach unten hin beträgt der einzuhaltende Sicherheitsabstand, außerhalb dessen der Grenzwert nicht mehr erreicht wird, meist nur rund 50 cm. Sogar bei stark genutzten Standorten auf großen Masten ist der Sicherheitsabstand selten größer als 10-12m in horizontaler Richtung.

Grafik zum Beispiel. Bezug: Entfernung zum Sendemast = Telefonierdauer

Abb. 1: Körperliche Belastung durch Strahlung


-> Studien
Nachfolgend finden Sie kommentierte Links zu sogenannten Metastudien, d.h. Studien, die eine Vielzahl unterschiedlicher Studien zum gleichen Thema analysieren und bewerten. Dies ermöglicht einen vergleichsweise objektiven Überblick über den momentanen Wissensstand und die aktuellen Diskussionen zwischen den Experten zur Problematik. Grundsätzlich kann eine abschließende Bewertung nicht durch eine einzelne Studie erfolgen, sondern mehrere Studien müssen in ihren Zusammenhängen betrachtet werden.

-> Grenzwerte und Vorsorgemaßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor elektromagnetischen Feldern - Strahlenschutzkommission
http://www.bmu.de/files/pdfs/allgemein/application/pdf/elektroma_felder.pdf
Die Strahlenschutzkommission (SSK) ist vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit gebeten worden, in Vorbereitung der Novellierung der 26. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über elektromagnetische Felder - 26. BImSchV) den aktuellen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse zu Gesundheitsbeeinträchtigungen durch statische und niederfrequente elektrische und magnetische sowie hochfrequente elektromagnetische Felder auf den Menschen zu überprüfen. Dabei war zu beurteilen, ob neue wissenschaftliche Erkenntnisse zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen und Risiken durch die Exposition mit elektromagnetischen Feldern vorliegen, die über die Erkenntnisse hinausgehen, die den Grenzwertempfehlungen der Internationalen Kommission für den Schutz vor nichtionisierender Strahlung (ICNIRP) zugrunde lagen. Dabei sollte ausdrücklich auch geprüft werden, inwieweit die wissenschaftlichen Erkenntnisse Vorsorgemaßnahmen nahe legen.

-> Auswirkungen hochfrequenter Felder auf den Menschen – Literaturstudie
(Hrsg. Landesamt für Umweltschutz Baden-Württemberg)
http://www.lubw.baden-wuertteberg.de/
Ziel dieser Abhandlung ist es, einen Abriss des aktuellen Wissensstandes und der laufenden Diskussionen zwischen den Experten zur Problematik der mutmaßlich gesundheitsschädigenden Wirkung der Mobilfunkfelder zu geben. Es werden Publikationen aus „peer-reviewed Journals“ und vollständig dokumentierte Arbeitsberichte berücksichtigt und bewertet. Die Studie kann wegen der großen Anzahl an existierenden Publikationen keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Vielmehr wird Gruppen von Publikationen zu bestimmten wichtigen Themen vor einzelnen noch nicht überprüften Berichten der Vorzug gegeben. Damit wird der Fokus zwangsläufig auf Themen gelenkt, die zwischen Experten sowie auch in der Öffentlichkeit intensiv und häufig auch widersprüchlich diskutiert werden. Die Ergebnisse zu einzelnen Themen werden am Ende der entsprechenden Abschnitte diskutiert und zusammengefasst.

-> Mobilfunk – ein Gesundheitsrisiko? Studien – kontrovers diskutiert
(Hrsg. Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit)
http://www.umweltministerium.bayern.de/
Ziel dieser Ausarbeitung ist es, sich mit den insbesondere in Bayern häufig zitierten Studien und Themenbereichen zu gesundheitlichen Auswirkungen des Mobilfunks zu befassen. Wem darf ich was noch glauben? Diese Frage stellen sich Personen, die sich unvoreingenommen der Thematik nähern. Hier wird versucht, den verunsicherten Bürgern einen objektiven Überblick zu geben.

-> Bewertung der wissenschaftlichen Literatur zu den Risikopotenzialen von hochfrequenten elektromagnetischen Feldern des Mobilfunks
http://www.emf-risiko.de/projekte/ergeb_bewlit.html
Hier liegt eine Bewertung der Programmgruppe Mensch Umwelt Technik (MUT) des Forschungszentrums Jülich zu sechs wichtigen Themenfeldern im Bereich "Mobilfunk und Gesundheit" vor. Diese Bewertung beruht auf einem breiten Expertenwissen und macht ihre Bewertungsregeln klar und deutlich. Diese transparente und ausgewogene Darstellung bietet die Voraussetzung dafür, dass sich auch Nicht-Experten ein eigenes risikomündiges Urteil bilden können. Zu jedem der sechs Themenfelder wählten mindestens zwei Experten, die selbst auf dem betreffenden Gebiet forschen, die wichtigsten Studien aus und bewerteten deren Ergebnisse. Betrachtet wurden Forschungsarbeiten aus den Jahren 2000 bis 2004. Für jedes Themenfeld wurde ein Workshop mit den Gutachtern und weiteren beratenden Fachleuten durchgeführt. Abschließend wurden die Ergebnisse auf einem gemeinsamen Workshop diskutiert.

Weiterführende Information: Ein umfangreicher Arbeitsbericht von DIALOGIK zeigt Aspekte der öffentlichen Debatte bezogen auf verschiedene Bevölkerungsgruppen: risiko_035_AB.pdf